Hilfe gegen Herzschwäche: Ein aus Stammzellen gezüchteter Gewebeflicken könnte künftig Menschen mit schwerer Herzschwäche helfen. Denn dieses „Herzpflaster“ repariert und stärkt den geschädigten Herzmuskel. Die Gewebeflicken wurden bereits erfolgreich an Affen und einem Menschen angewendet und zeigten keine unerwünschten Nebenwirkungen, wie Forschende in „Nature“ berichten. In der laufenden klinischen Studie sollen die stammzellbasierten Gewebe-Implantate nun weiter erprobt werden.
Herzversagen zählt zu den häufigsten Todesursachen weltweit. Bisher haben Mediziner nur wenige Möglichkeiten, ein schwaches Herz zum Weiterschlagen zu bewegen, und fortgeschrittene Herzschwäche kann nicht geheilt werden. Es herrscht jedoch ein Mangel an Spenderherzen, die Betroffenen transplantiert werden können, zudem erfordert eine Transplantation, das Immunsystem dauerhaft zu unterdrücken. Auch künstliche Herzen und Herzpumpen sind rar und teuer.
Eine mögliche Alternative wäre, den Patienten Herzmuskelzellen zu implantieren, um den geschädigten Herzmuskel auszubessern und so die Herzinsuffizienz zu behandeln. Werden diese Stammzellen aus Zellen des Patienten gewonnen, könnte sich zudem das Problem der Abstoßung fremder Gewebe umgehen lassen. Doch bisher führte dieser Ansatz nur selten zum Erfolg und verursachte obendrein schwere Nebenwirkungen wie Herzrhythmusstörungen und Herztumore.
Pflaster aus Muskel- und Bindegewebe
Ein Team um Ahmad-Fawad Jebran von der Universitätsmedizin Göttingen hat diese Methode nun weiterentwickelt. Dafür nutzten die Forschenden aus adulten Zellen gezüchtete pluripotente Stammzellen, die sich theoretisch zu jeder Art von Körperzelle entwickeln können. Jebran und seine Kollegen „programmierten“ diese Stammzellen mithilfe spezieller Nährlösungen und Botenstoffe so, dass daraus Herzmuskelzellen und Bindegewebszellen heranwuchsen.
Aus diesen Zellen und einem Kollagen-Hydrogel züchteten die Mediziner dann Gewebestücke, die wie ein Pflaster auf dem Herzen platziert werden können, um defektes Gewebe zu ersetzen. Ein einzelnes Herzpflaster besteht dabei aus 40 bis 200 Millionen Zellen. Ob und wie gut diese Flicken helfen, testeten Jebran und seine Kollegen anschließend an den kranken Herzen von 14 Rhesusaffen und einem Menschen.
Gewebeflicken verbessern Herzleistung
Es zeigte sich, dass die Herzpflaster nach drei bis sechs Monaten die Herzwand der Affen sichtbar verdickten. Dies ist ein Hinweis darauf, dass das implantierte Gewebe den Herzmuskel aufgebaut hat, wie das Team erklärt. Der Effekt zeigte sich auch an der Herzleistung: Die Herzen konnten sich mit dem Flicken besser zusammenziehen. Dadurch verbesserte sich insgesamt die Herzfunktion und Pumpleistung bei den Affen.
Im Gegensatz zu früheren Ansätzen blieben bei diesem Pflaster die implantierten Gewebezellen langfristig im Herzen erhalten – zumindest, solange das Immunsystem durch Medikamente unterdrückt wurde, wie die Forschenden feststellten. Nebenwirkungen wie Arrhythmien und Tumore beobachteten sie hingegen nicht. „Wir konnten im Tiermodell zeigen, dass die Implantation von Herzpflastern zum dauerhaften Aufbau des Herzmuskels bei Herzinsuffizienz geeignet ist“, sagt Seniorautor Wolfram-Hubertus Zimmermann von der Universität Göttingen.
Auch beim Menschenherz wirksam
Auch bei einem ersten menschlichen Herzen erwiesen sich die Flicken aus Muskelgewebe als hilfreich. Im Rahmen einer laufenden klinischen Studie haben Jebran und sein Team dafür dieses aus körperfremden menschlichen pluripotenten Stammzellen gezüchtete Gewebestück einem Mann implantiert, der unter fortgeschrittenem Herzversagen litt. Tatsächlich entwickelte sein Herz durch das Pflaster neue Muskeln und wieder mehr Kraft, wie das Team berichtet.
„Unsere Arbeit belegt erstmalig, dass Herzmuskelreparatur durch Herzmuskelwiederaufbau auch im Menschen möglich ist“, sagt Zimmermann. „Erstmals konnten wir den Aufbau echter Herzmuskulatur am menschlichen Herzen beobachten. Die erfolgreiche Behandlung zeigt, dass wir mit dem Herzpflaster auf dem richtigen Weg sind“, sagt Koautor Ingo Kutschka von der Universitätsmedizin Göttingen.
Klinische Studie läuft bereits
Diese Ergebnisse werden nun im Verlauf der klinischen Studie überprüft und weiter erprobt. Sie soll zeigen, wie gut die aus Stammzellen gezüchteten Gewebepflaster gegen Herzinsuffizienz helfen. Insgesamt sind 53 Teilnehmende geplant. Erste Daten von den 15 bereits behandelten Patienten sollen Ende 2025 vorliegen.
Sollten die Ergebnisse weiterhin positiv sein, könnte dies eine neue Möglichkeit der Therapie für bisher unheilbare Herzschwäche eröffnen. Künftig könnten dann Menschen mit schwerer Herzinsuffizienz ein solches Herzpflaster dauerhaft implantiert bekommen, statt einen Herzschrittmacher oder ein Spenderherz zu erhalten, so das Team. (Nature, 2025; doi: 10.1038/s41586-024-08463-0)
Quelle: Nature, Universitätsmedizin Göttingen